Bayerische Telemedizinprojekte –
Verwaltung/Dokumentation/Datenaustausch – EFA
Das Konzept der EFA:
Die bundesweite Initiative zum Ausbau einer intersektoralen Behandlungsakte für alle ambulanten und stationären Leistungsträger besteht seit ca. 4 Jahren und etabliert einen bundeseinheitlichen Standard zum Austausch medizinischer Dokumente im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungsfällen, in denen der Patient zwischen stationären und ambulanten Aufenthalten wechselt. Diese Behandlungsakte ist eine arztgeführte Akte mit dem Ziel, alle strukturierten und behandlungsrelevanten medizinischen Informationen in einer Akte über die gemeinsame Behandlungsdauer hinweg, den beteiligten Praxen und Krankenhäusern zur Verfügung zu stellen. Die Archivierungspflicht geht dabei nicht an eine zentrale Stelle über, sondern verbleibt beim jeweiligen behandelnden Arzt. Dieses Konzept erfüllt dadurch auch die bundesweiten Datenschutzanforderungen, wonach nur übergreifende Akten angelegt werden dürfen, die in einem direkten Behandlungsbezug stehen und zur Verfolgung bestimmter Zwecken vom Patienten freigegeben werden.
Kerngedanke der FallAkte ist die Schaffung eines zweckgebundenen Rahmens, innerhalb dessen Informationen zwischen unterschiedlichen medizinischen Einrichtungen im Behandlungsbezug ausgetauscht werden können. Dazu werden neben der Zeitdauer der Mitbehandlung, den beteiligten medizinischen Einrichtungen und dem Behandlungsgrund auch die Patientenvereinbarungen im Austausch festgehalten. Diese Angaben dienen bei jedem Zugriff auf übergreifende Behandlungsdaten zur Zugriffssteuerung.
Die Inhalte der den Zugriff steuernden Informationen können, – technisch gesehen -, an unterschiedlichen Stellen geprüft und vorgehalten werden. Der Besitz von speziellen einzelnen Behandlungsinformationen ist für die Zugriffssteuerung über diese allgemeinen Informationen hinaus nicht erforderlich. Für den Telemedizinischen Zugriff besteht darüber die Möglichkeit einer strengen Aufgabenteilung zwischen den unterschiedlichen Diensten, die am Austausch beteiligt sind.
Das EFA Konzept sieht daher vor, dass bundeseinheitliche Stellen (gematik) zur Authentifizierung von Ärzten und Organisationen einbezogen werden können und die Anbieter von solchen Diensten sich über den Verein zur elektronischen FallAkte (http://www.fallakte.de) zertifizieren können, um so die Qualität der Zugriffssteuerung gewährleisten und die Anbindung der verschiedenen Praxis- und Krankenhausinformationssysteme, die ihre Datenhoheit behalten, durch die Fortschreibung der übergreifenden Anforderungen realisieren zu können.
Erstmalige Umsetzung der Sicherheitsanforderungen:
In Bayern ging vor ca. 2 Jahren die erste FallAkte, die bundesweit die Sicherheitsanforderungen vollumfänglich umgesetzt hat, im Rahmen der integrierten Versorgung von Kolorektalkarzinomen am Städtischen Klinikum München (StKM) in den Produktivbetrieb. Zwischenzeitlich sind Erweiterungen und ein Ausbau dieses Projektes über einzelne Schritte hinweg geplant. Darin werden der Informationsbedarf der einweisenden Ärzte und der an der medizinischen Versorgung beteiligten Einrichtungen im Fokus stehen.
Ausgehend von diesem Bedarf werden übergreifende Behandlungsakten aufgebaut und stufenweise entwickelt. Das fängt an mit der Statusinformation zum eingewiesenen Patienten bis hin zur Möglichkeit der direkten Terminvereinbarung und dem Zugriff auf die archivierten Dokumente, die im übergreifenden Behandlungsbezug eingesehen werden können. Auf der Grundlage des EFA Konzeptes können für alle diese Daten auf einheitlicher Grundlage die Patienteneinwilligungen aufgebaut, die erfassten Betriebsstätten überarbeitet und die allgemeinen Informationen zum Aufbau von Behandlungsakten zusammengetragen und elektronisch lesbar bereitgestellt werden. So bleibt der organisationsbezogenen Aufwand zur Verbesserung der intersektoralen Kommunikation überschaubar. Über die Bayrische Telemed Allianz (BTA) wird ein regionaler Austauschdienst für Bayern aufgebaut, in dem die StKM für verschiedenste Behandlungsbereiche FallAkten erzeugen wird. Die daran angebundenen Praxen und Kliniken sollen über diesen EFA Service die Möglichkeit erhalten, für Ihre übergreifenden Behandlungsfälle FallAkten anlegen und pflegen zu können. Darin können die jeweiligen medizinischen Informationen patientenbezogen ausgetauscht und Mitbehandlern zur Verfügung gestellt werden. Dieser Austausch wird nicht nur medizinische Dokumente im Behandlungskontext betreffen, sondern auch Statusinformationen zum Behandlungsfall und Terminvereinbarungen für Diagnostik und OP.
Aufbau eines regionalen EFA – Service für Bayern:
In diesem Zusammenhang sind unterschiedliche Szenarien für die Verteilung von Diensten, die den Datenaustausch und den Aufbau von Behandlungsakten betreiben, denkbar. Verbindlich bleibt für alle Nutzer dieser Dienste das übergreifende Konzept, wonach der Dienstanbieter den Definitionsrahmen für Behandlungsakten, – die verpflichtenden Metadaten -, zu gewährleisten hat. Auf dieser Grundlage können die Zugriffsrechte geprüft und die Zugriffe gesteuert werden, die sich auf die jeweilige Patientenberechtigung stützen. Die Zugriffe können sich durchaus in der Art der Organisationsform der Anbieter unterscheiden, je nachdem ob sich ein Krankenhaus, ein Praxisverbund oder eine einzelne Praxis gegenüber der Bayerischen Telemed Allianz als Dienstanbieter direkt an dessen Austauschdienst anschließt oder ein anderer EFA Serviceanbieter dies für ihn durchführt. Hier erkennt der eine EFA – Service den anderen und reicht dessen Berechtigung auf eine Akte an den externen Kooperationspartner weiter. Die Anbindung an einen EFA – Service erlaubt so die Integration zwischen allen Einrichtungen, die an irgend einem EFA – Service angebunden sind.
Über eine Schnittstelle zu den EFA Diensten, die „EFA Box“, können Praxissysteme und Krankenhausinformationssysteme, aber auch in Betrieb befindliche Portale an einen EFA Service angebunden werden. Dieser Dienst legt FallAkten an und verwaltet die zugehörigen Zugriffe auf die medizinischen Behandlungsdaten aus PVS oder KIS. Über die EFA Box können aus dem angeschlossenen System heraus sowohl FallAkten angelegt, als auch ergänzt werden. Sofern Anbieter anderer EFA Services gleichfalls eine FallAkten aufrufen und ergänzen wollen, weil sie ein Patient dazu berechtigt hat, können sie dies auch über spezielle „Peer to Peer“ Dienste tun (dunkelblauer Doppelpfeil). Auch zwischen den Anbietern der Dienste bleiben die Zugriffsrechte und Zugriffskontrollen im Rahmen des EFA Konzeptes erhalten. Voraussetzungen für die Anbindung eines Informationssystems an einen EFA Service sind die Möglichkeiten des Systems die relevanten Informationen verfügbar zu haben, die verbindlich sind für die Anlage, die Verwaltung und den Abruf von Behandlungsakten. Nur auf dieser Grundlage können die Dienste die Zugriffsrechte prüfen und können die autorisierten Zugriffe gewährt werden.
“EFA on Top of IHE” eine Initiative des Bundesverbandes Gesundheits – IT (bvitg):
Zwischenzeitlich ist das EFA – Konzept der Behandlungsakte auch im Rahmen der Verwendung der IHE Standards (Integrating the Healthcare Enterprise) realisierbar. Hier hat der bvitg zusammen mit dem EFA – Verein eine Initiative „EFA an Top of IHE gestartet, in der eine EFA Version 2.0 entwickelt wird, die das FallAKten – Konzept über ein spezielles IHE Aktenmodell abbildet. In wenigen Wochen werden die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe veröffentlicht. Damit werden alle Systeme, die sich am IHE Standard orientieren, dieses Konzept unterstützen können. Der Patient kann zu unterschiedlichen Behandlungszusammenhängen gleichzeitig mehrere FallAkten haben.
Dokumente und elektronisch lesbare medizinische Informationen können gleichzeitig zu unterschiedlichen Akten gehören. Gleiche Behandlungszwecke werden zu einer EFA zusammengefasst. Der obere Patient hat somit hier gleichzeitig 3 unterschiedliche FallAkten. Die FallAkte ermöglicht ein Aktenmodell, in dem Behandlungsakten nicht auf einzelne, zentrale fachliche Netzwerke eingeschränkt bleiben. Gerade in der hausärztlichen Versorgung kann ein einzelnes medizinisches Netzwerk nicht den Austauschbedarf an medizinischen Informationen aller Patienten abdecken und jede Einbindung in ein medizinisches Netzwerk schließt die jeweils anderen Netzwerke aus, mit denen in der hausärztlichen Versorgung kommuniziert werden muss. Durch die Beschränkung und Festlegung auf den jeweiligen Behandlungsfall gelingt es der FallAkte diesen Austausch über die Netzwerkgrenzen hinaus zu erweitern.
Dr. Winfried Seibert / Tobias Blankenagel (StkM GmbH)
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