Bayerische Telemedizinprojekte – Prävention – INH

Die Gesundheitspolitik begegnet dem Wandel der sozioökonomischen Rahmenbedingungen mit neuen Behandlungsformen, z. B. Disease-Management-Programmen (DMP), deren Effizienz allerdings nicht immer ausreichend untersucht ist. HeartNetCare-HF© ist ein DMP, das für Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz basierend auf früher erfolgreichen DMP-Modulen und unter Berücksichtigung von Patientenbedürfnissen entwickelt wurde und folgende Merkmale aufweist:

a) Initialer persönlicher Kontakt zwischen betreuender Herzinsuffizienzschwester, Patienten und Angehörigen während eines Krankenhausaufenthaltes wegen dekompensierter Herzinsuffizienz;

b) Materialien zur Krankheitsinformation und Selbstüberwachung;

c) standardisiert durchgeführtes und dokumentiertes telefonbasiertes Monitoring nach Zeitplan in Kombination mit strukturierter, flexibler Patientenschulung;

d) Schnittstellenfunktion des spezialisierten Pflegepersonals in der interdisziplinären Patientenversorgung;

e) Supervision der Betreuer und Qualitätsmanagement.

Die Effizienz dieses DMP wurde in einer randomisierten und kontrollierten Studie belegt. Derzeit wird geprüft, ob es gelingt, das DMP auch außerhalb des universitären Umfelds in vergleichbar hoher Qualität und mit entsprechendem Erfolg umzusetzen.
Mit HeartNetCare-HF© steht jetzt erstmals ein im Rahmen des deutschen Gesundheitssystems evidenzbasiertes DMP für herzinsuffiziente Patienten zur Verfügung.

Kliniken, niedergelassene Kardiologen und Hausärzte aus Unterfranken und Baden-Württemberg
(Interdisziplinäres Netzwerk Herzinsuffizienz)

Von mittlerweile mehr als 1000 Patienten mit Herzschwäche wurde die Hälfte im Programm, die andere Hälfte nach üblichen Qualitätskriterien durch den Hausarzt und ggf. den Kardiologen behandelt. Nach 180 Tagen wurden alle Patienten nachuntersucht. Bereits in diesem kurzen Zeitraum war die Sterblichkeit in der gesamten Gruppe, die HeartNetCare-HF erhielt, um 39%, also ganz erheblich vermindert, während die Studie innerhalb der ersten 6 Monate nach Interventionsbeginn hinsichtlich des kombinierten endpunktes aus Tod oder Hospitalisierung jeder Ursache neutral blieb. Außderm zeigte sich, dass gerade die älteren und schwerer erkrankten Patienten von der Telefonbetreuung besonders profitierten. Den größten Überlebensgewinn hatten Patienten, wenn bei ihnen eine depressive Verstimmung als Begleiterkrankung über einen Fragebogen festgestellt worden war: Im Vergleich zur nicht mit HeartNetCarte-HF betreuten depressiven Kontrollgruppe war die Sterblichkeit innerhalb der ersten 180 Tage nach der Krankenhausentlassung mit 5% gegenüber 18% besonders niedrig. Lebensqualität und körperliche Leistungsfähigkeit wurden bei allen Patienten, die HeartNetCare erhielten, günstig beeinflusst. Die Aufenthaltsdauer pro stationärem Aufenthalt nahm um mehrere Tage ab. Bei Patienten, die länger als 180 Tage im Programm verblieben, wurden neuerliche Krankenhausaufenthalte zunehmend seltener nötig – ein für die Lebensqualität wichtiger Langzeiteffekt, der zudem kostendämpfend wirkte. Mitbedingt durch das Vertrauensverhältnis zu „ihrer“ Telefonschwester bzw. „ihrem“ Telefonpfleger nahmen die meisten Patienten ihre Medikamente regelmäßiger ein und betrieben eine effektivere Selbstüberwachung. Bemerkenswert ist, dass 80% der Patienten häufiger als zu Herzproblemen zu anderen Fragen Rat suchten, z.B. zu der durch die Krankheit beeinträchtigten Lebensqualität, zu depressiven Verstimmungen, zu Nebenwirkungen von Medikamenten, zu Begleiterkrankungen wie Diabetes, Blutarmut, Nierenschwäche.
Eine solche individellen Bedürfnissen angepasste Betreuung kann durch gerätebasiertes Telemonitoring prinzipiell nicht geleistet werden. Insgesamt stößt diese Betreuungsform auf sehr gute Akzeptanz bei Patienten und Ärzten und kommt damit für eine flächendeckende Anwendung in Betracht. Die Teilnahme im Programm ging nach unserer Erfahrung nicht zu Lasten der Patientenbindung im niedergelassenen Berich; sowohl Hausärzte als auch Kardiologen wurden weiterhin regelmäßig aufgesucht.

2004 – 2014

Prof. Dr. Christiane Angermann
Prof. Dr. Stefan Störk
Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz
Universitätsklinikum Würzburg

Projektleiter:

Prof. Dr. Christiane Angermann
Prof. Dr. Stefan Störk