Bayerische Telemedizinprojekte – Notfallversorgung – TEMPiS

Im TEMPiS-Netzwerk werden jedes Jahr über 6.000 Schlaganfallpatienten in 15 regionalen Kliniken in Süd-Ost-Bayern behandelt. Kompetente Unterstützung erhalten die Ärzte vor Ort dabei durch Spezialisten aus den Schlaganfallzentren in München-Harlaching und in der Universitätsklinik in Regensburg – und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Der Schlaganfallexperte wird dafür noch in der Notaufnahme sofort über eine Videokonferenz zugeschaltet, er kann den Patienten direkt befragen und ihn zusammen mit dem Arzt vor Ort neurologisch untersuchen. Gleichzeitig werden die Computertomographie-Bilder des Patienten innerhalb weniger Sekunden zur Beurteilung in das Zentrum überspielt.

Der Schlaganfallexperte kann somit innerhalb von wenigen Minuten entscheiden, ob eine Lysetherapie durchgeführt werden kann, und welche Diagnostik und Überwachung der Patient benötigt. Somit steht der Bevölkerung im ländlichen Süd-Ost-Bayern über TEMPiS erstmals eine wirksame Schlaganfallbehandlung zur Verfügung, die bisher nur in Schlaganfallzentren in den großen Städten durchgeführt werden konnte. Das „Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern“ (TEMPiS) beinhaltet jedoch nicht nur die telemedizinische Beratung. Vielmehr wurden in allen regionalen Kliniken spezialisierte Schlaganfallstationen aufgebaut und eine kontinuierliche Fortbildung und Qualitätssicherung für alle Teilnehmer eingerichtet.

TEMPiS-Zentren:
• Städtisches Klinikum München GmbH, Klinikum Harlaching
• Universitätsklinikum Regensburg

TEMPiS-Kliniken:
• Asklepios Stadtklinik Bad Tölz GmbH
• Asklepios Klinik Burglengenfeld
• Kliniken Südostbayern AG, Kreisklinik Bad Reichenhall
• Sana Kliniken des Landkreises Cham GmbH, Krankenhaus Cham
• Amper Kliniken AG, Klinikum Dachau
• Kreisklinik Ebersberg GmbH
• Rottal-Inn-Kliniken GmbH, Krankenhaus Eggenfelden
• Klinikum Freising GmbH
• Goldberg-Klinik Kelheim GmbH
• Kliniken Kreis Mühldorf am Inn, Klinik Mühldorf am Inn
• Kliniken München Pasing und Perlach GmbH, Klinikum München-Pasing
• RoMed Klinikum Rosenheim
• Klinikum St. Elisabeth Straubing GmbH
• Kliniken Südostbayern AG, Klinikum Traunstein
• Kreiskrankenhäuser Zwiesel-Viechtach, Kreisklinik Zwiesel Projektleiter: Dr. Peter Müller-Barna, Oberarzt Neurologie Ansprechpartner

• Optimierung der Schlaganfallversorgung im ländlichen Raum
• Aufbau von Schlaganfallstationen (Stroke Units)
• Steigerung akuttherapeutischer Verfahren wie z.B. die systemische Thrombolyse
• Verminderung von Folgeschäden und gesundheitsökonomischen Belastungen

Durch die Schlaganfallzentren Klinikum München-Harlaching und Universitätsneurologie Regensburg wurden seit Projektbeginn über 31.000 Telekonsile durchgeführt. In 2012 wurden über 4.500 telemedizinische Beratungskonsile geleistet, diese Anzahl an Telekonsilen erreicht weltweit kein anderes Netzwerk. Dabei erhalten mehr als 500 Patienten pro Jahr mit Hirninfarkten nach telekonsiliarischer Indikationsstellung eine medikamentöse Gerinnselauflösung (sog. systemische Thrombolyse). Die in 2012 durchgeführten 685 systemischen Lysen entsprachen einer Lyserate von 15,5% aller ischämischen Schlaganfälle, welche der Rate auf überregionalen Stroke Units in etwa entspricht.

Die Sicherheit der Thrombolysetherapie gemessen an Hirnblutungen und Krankenhausmortalität entsprach dabei den Ergebnissen aus erfahrenen Zentren bzw. der aus großen klinischen Studien. Gemessen an etablierten Qualitätsindikatoren konnten in den regionalen Kliniken neben der Lysetherapie auch die Qualität der gesamten Schlaganfalltherapie verbessert werden. Mehr Patienten erhalten eine frühe Diagnostik (z.B. Computertomographie), spezifische Therapie und frühe rehabilitative Behandlung.

Die telemedizinische Beratung hat daneben dazu beigetragen, dass sowohl Ursachen von schlaganfallähnlichen Erkrankungsbildern als auch spezielle, einer operativen bzw. interventionellen Behandlung bedürftige Schlaganfallsubtypen häufiger bzw. früher erkannt und einer entsprechenden Therapie zugeführt werden.

In einem krankenhausbasierten Vergleich zwischen fünf TEMPiS-Kliniken mit fünf vergleichbare Versorgungskliniken ohne Netzwerkanbindung der gleichen Region hat sich für Patienten der TEMPiS-Krankenhäuser eine Prognoseverbesserung für Sterblichkeit, Pflegeheimversorgung und schwere Behinderung gezeigt.

Die Wahrscheinlichkeit für ein derart zusammen gefasstes schlechtes Behandlungsergebnis wurde um 37% verringert. Dies konnte ohne Steigerung von Krankenhausverlegungen bei gleichzeitig signifikanter Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes erreicht werden.

Da sich auch eine deutliche Reduktion der Pflegeeinstufungen ergab, ist durch die kostengünstige Vernetzung unterschiedlicher Versorgungsstufen mit einer Reduktion der gesundheitsökonomischen Gesamtkosten zu rechnen.

Die Pilotphase des TEMPiS-Netzwerkes wurde im Februar 2003 eröffnet und lief bis Ende 2005. Seit Januar 2006 befindet sich das Netzwerk im Regelbetrieb.

Dr. Peter Müller-Barna
Oberarzt Neurologie